Es war einmal eine kleine Katze namens Tonie, die in einem gemütlichen Haus mit ihrer Familie lebte. Tonie liebte es, mit ihren Geschwistern zu spielen, Mäuse zu jagen und in der Sonne zu dösen. Aber am meisten liebte sie es, Geschichten zu hören. Jeden Abend, bevor sie einschlief, bat sie ihre Mutter, ihr eine Geschichte zu erzählen. Ihre Mutter kannte viele spannende Geschichten aus ihrer eigenen Kindheit, als sie noch eine wilde Katze war und viele Abenteuer erlebte.
Eines Abends, als Tonie sich wie immer in ihrem Körbchen einkuschelte, fragte sie ihre Mutter: „Mama, kannst du mir heute eine Geschichte erzählen, die du noch nie erzählt hast?“
„Natürlich, mein Schatz“, sagte ihre Mutter und lächelte. „Ich habe noch eine ganz besondere Geschichte für dich, die ich dir noch nie erzählt habe. Es ist die Geschichte, wie ich deinen Vater kennengelernt habe.“
„Oooh, das klingt spannend“, sagte Tonie und spitzte die Ohren. „Wie hast du ihn denn kennengelernt?“
„Nun, das war so“, begann ihre Mutter. „Ich war damals noch sehr jung und lebte allein in einem großen Wald. Ich hatte keine Familie und keine Freunde, nur mich selbst. Ich war eine sehr mutige und neugierige Katze, die immer auf der Suche nach neuen Dingen war. Eines Tages, als ich durch den Wald streifte, hörte ich ein seltsames Geräusch. Es klang wie ein leises Piepsen, das immer wieder unterbrochen wurde. Ich folgte dem Geräusch, bis ich zu einer kleinen Lichtung kam. Dort sah ich etwas, das ich noch nie zuvor gesehen hatte. Es war eine kleine, runde Kiste, die an einem langen Draht hing. Die Kiste hatte ein Loch, aus dem das Piepsen kam. Ich war sehr neugierig, was in der Kiste war, also sprang ich auf einen Baumstamm und näherte mich vorsichtig dem Loch. Ich schaute hinein und sah ein kleines, flauschiges Wesen, das aussah wie eine Maus, aber viel größer. Es hatte große, runde Augen und ein rosa Näschen. Es war die süßeste Maus, die ich je gesehen hatte. Ich wollte es sofort fangen und essen, aber dann bemerkte ich, dass es eine Schnur um den Hals hatte, die mit der Kiste verbunden war. Es war eine Falle!“
Tonie unterbrach ihre Mutter. „Eine Falle? Was ist das?“
„Eine Falle ist etwas, das Menschen machen, um Tiere zu fangen“, erklärte ihre Mutter. „Sie sind sehr gefährlich und gemein. Sie locken die Tiere mit etwas Leckerem an, wie einer Maus oder einem Fisch, und dann schnappt die Falle zu und hält das Tier fest. Dann kommen die Menschen und nehmen das Tier mit, um es zu essen oder zu verkaufen oder zu quälen. Du musst immer sehr vorsichtig sein, wenn du etwas siehst, das dir komisch vorkommt. Es könnte eine Falle sein.“
„Das ist ja schrecklich“, sagte Tonie und schauderte. „Und was hast du dann gemacht?“
„Ich wollte die Maus befreien“, fuhr ihre Mutter fort. „Ich dachte, wenn ich die Schnur durchbeißen würde, würde die Maus loskommen und weglaufen können. Also sprang ich von dem Baumstamm auf die Kiste und biss in die Schnur. Aber in dem Moment, als ich das tat, passierte etwas Schreckliches. Die Kiste fing an zu zittern und zu rattern, und dann gab es einen lauten Knall. Die Kiste explodierte!“
Tonie weitete die Augen. „Explodierte? Was bedeutet das?“
„Das bedeutet, dass die Kiste in viele kleine Stücke zerfetzt wurde, die überall hin flogen“, sagte ihre Mutter. „Es war eine Bombe, eine andere böse Erfindung der Menschen. Sie benutzen sie, um andere Menschen oder Tiere zu töten oder zu verletzen. Es war eine sehr schlimme Explosion. Ich wurde von der Wucht der Explosion weggeschleudert und landete hart auf dem Boden. Ich war ganz benommen und konnte nichts sehen oder hören. Ich spürte nur Schmerzen in meinem ganzen Körper. Ich dachte, ich würde sterben.“
Tonie schluckte. „Und die Maus? Was ist mit ihr passiert?“
„Die Maus war tot“, sagte ihre Mutter traurig. „Sie war in der Kiste, als sie explodierte. Sie hatte keine Chance. Sie war nur ein unschuldiges Opfer der Menschen. Ich war sehr traurig, als ich das sah. Ich hatte ihr helfen wollen, aber stattdessen hatte ich ihr den Tod gebracht. Ich fühlte mich schuldig und elend.“
Tonie drückte sich an ihre Mutter. „Das tut mir so leid, Mama. Das war nicht deine Schuld. Du hast nur das Richtige tun wollen.“
„Danke, mein Schatz“, sagte ihre Mutter und leckte ihr über den Kopf. „Du bist sehr lieb. Aber die Geschichte ist noch nicht zu Ende. Es kommt noch der Teil, wo ich deinen Vater getroffen habe.“
„Ja, bitte, erzähl weiter“, sagte Tonie gespannt.
„Also, wie ich schon sagte, lag ich da auf dem Boden, ganz verletzt und verwirrt. Ich dachte, ich wäre allein, aber das war ich nicht. Es gab noch jemanden, der die Explosion gehört hatte und nachsehen kam, was passiert war. Es war dein Vater.“
Tonie horchte auf. „Mein Vater? Wie sah er aus?“
„Er war wunderschön“, schwärmte ihre Mutter. „Er war eine große, kräftige Katze mit einem glänzenden, schwarzen Fell und grünen Augen, die leuchteten wie Sterne. Er war der Anführer eines Rudels von wilden Katzen, die in der Nähe lebten. Er war sehr mutig und klug und gerecht. Er war der beste Kater, den ich je gesehen hatte. Und er sah mich an, als wäre ich die schönste Katze, die er je gesehen hatte.“
Tonie seufzte. „Das klingt so romantisch.“
„Das war es auch“, sagte ihre Mutter. „Er kam zu mir und fragte mich, ob es mir gut ging. Er sagte, er hätte die Explosion gehört und wäre gekommen, um zu helfen. Er sagte, er hätte noch nie so eine tapfere Katze wie mich gesehen, die versucht hätte, eine Maus zu retten. Er sagte, er fände mich sehr mutig und neugierig und süß. Er sagte, er würde mich gerne besser kennenlernen. Er sagte, er hieße Tonie.“
Tonie staunte. „Er hieß Tonie? Wie ich?“
„Ja, genau wie du“, sagte ihre Mutter. „Ich fand das sehr lustig und sagte ihm, dass ich auch Tonie hieße. Er fand das auch sehr lustig und sagte, dass das Schicksal sei. Er sagte, dass wir füreinander bestimmt seien. Er sagte, dass er mich liebte.“
Tonie kicherte. „Das ging aber schnell.“
„Ja, das ging sehr schnell“, sagte ihre Mutter. „Aber manchmal ist das so, wenn man seine wahre Liebe trifft. Man weiß es einfach. Und ich wusste es auch. Ich liebte ihn auch. Er war so nett und fürsorglich zu mir. Er nahm mich in seine Pfoten und trug mich zu seinem Rudel. Er stellte mich seinen Freunden vor, die mich alle freundlich aufnahmen. Er brachte mir bei, wie man im Wald lebt, wie man jagt und sich versteckt und Spaß hat. Er erzählte mir viele Geschichten aus seinem Leben, die mich zum Lachen und zum Staunen brachten. Er war der perfekte Kater für mich. Und ich war die perfekte Katze für ihn. Wir waren sehr glücklich zusammen. Und bald bekamen wir unsere ersten Kinder. Deine Geschwister.“
Tonie strahlte. „Das ist eine wunderschöne Geschichte, Mama. Ich bin so froh, dass du Papa gefunden hast. Und dass ihr mich bekommen habt.“
“Wir sind auch sehr froh, dass wir dich haben, mein Schatz”, sagte ihre Mutter und drückte sie an sich. “Du bist unsere kleine Tonie, die uns so viel Freude macht. Du bist mutig und neugierig und süß, genau wie dein Vater. Du bist unsere Gute-Nacht-Geschichte.”
“Danke, Mama”, sagte Tonie und gähnte. “Das war die schönste Geschichte, die du mir je erzählt hast. Ich liebe dich und Papa sehr.”
“Wir lieben dich auch, mein Schatz”, sagte ihre Mutter und küsste sie auf die Stirn. “Jetzt schlaf gut und träum süß. Morgen wartet ein neuer Tag auf dich, mit vielen neuen Dingen zu entdecken.”
“Ja, Mama”, sagte Tonie und schloss die Augen. “Gute Nacht, Mama. Gute Nacht, Papa. Gute Nacht, Tonie.”
“Gute Nacht, Tonie”, sagten ihre Eltern und lächelten.
Und so schlief Tonie ein, in den Armen ihrer Mutter, neben ihrem Vater, in ihrem gemütlichen Körbchen. Sie träumte von Mäusen und Wäldern und Explosionen und Liebe. Sie träumte von ihrer eigenen Gute-Nacht-Geschichte.