Es war einmal ein kleines Dorf, das am Rande eines stillen Waldes lag. In diesem Dorf gab es eine Legende, die von Generation zu Generation weitergegeben wurde. Es war die Geschichte der Mondwächterin, einer sanften Hüterin der Nacht, die über die Träume der Kinder wachte.
Die Mondwächterin, so erzählte man, lebte im Reich des Mondes und blickte jeden Abend hinab auf die Erde, um sicherzustellen, dass jedes Kind süße Träume hatte. Ihr Name war Luna. Sie hatte langes silbernes Haar, das im Sternenlicht glänzte, und Augen, so klar und hell wie der Mond selbst.
Eines Abends, als der Himmel besonders klar und die Sterne besonders funkelnd waren, kletterte ein kleines Mädchen namens Mina auf das Dach ihres Hauses, um einen besseren Blick auf den Mond zu erhaschen. Mina war neugierig und hatte die Geschichten der Mondwächterin schon so oft gehört, dass sie sie fast auswendig konnte. Aber sie wollte mehr wissen, sie wollte Luna wirklich treffen.
Während Mina so da saß und den Mond anstarrte, hörte sie plötzlich eine sanfte Stimme. „Es ist eine wunderschöne Nacht zum Träumen, nicht wahr?“ sagte die Stimme.
Mina schaute überrascht auf und sah eine zarte Gestalt neben sich schweben. Es war Luna, die Mondwächterin selbst, in einem Kleid, das gewebt schien aus purem Mondlicht.
„Du bist die Mondwächterin!“ rief Mina aus.
Luna lächelte. „Und du musst Mina sein. Ich höre die Gedanken und Wünsche aller Kinder, wenn ich am Himmel bin. Deine Neugier war so stark, dass sie mich hierher geführt hat.“
Mina konnte es nicht fassen. „Also passen Sie jede Nacht auf uns auf, wenn wir schlafen?“
„Ja“, antwortete Luna. „Jede Nacht streue ich Sternenstaub in die Träume der Kinder, um ihnen Ruhe und Freude zu bringen. Es ist meine Aufgabe, dafür zu sorgen, dass ihr sicher und behütet seid, während ihr die Welt der Träume erkundet.“
„Möchtest du vielleicht sehen, wie ich das mache?“ fragte Luna mit einem verschmitzten Lächeln.
Mehr als alles andere wollte Mina zusehen. So nahm sie die Hand der Mondwächterin und zusammen stiegen sie empor, hinauf in den Nachthimmel, der mit funkelnden Sternen übersät war. Sie flogen über Minas Dorf, und das Mädchen sah, wie Luna ihren Zauberstab schwang und eine glitzernde Spur hinterließ.
„Wie machst du das?“ fragte Mina, als sie sah, wie die Kinder unter ihnen sich in ihren Betten räkelten und lächelten.
„Mit einem Hauch von Mondlicht und einer Prise Sternenstaub“, erklärte Luna. „Ich höre auf die Herzenswünsche der Kinder und sende Träume, die sie inspirieren und trösten.“
„Und was ist, wenn sie schlechte Träume haben?“ erkundigte sich Mina.
„Dann bin ich da, um sie zu beruhigen und ihnen zu zeigen, dass sie sicher sind. Schlechte Träume sind wie Wolken, die vorüberziehen. Sie sind nicht ewig und hinterlassen Platz für neue Träume“, sagte Luna sanft.
Mina beobachtete, fasziniert von Lunas Arbeit. Sie sah, wie die Gesichter der Kinder sich entspannten und ihre Atemzüge gleichmäßiger wurden.
„Darf ich es auch einmal versuchen?“ fragte Mina schüchtern.
Luna nickte und reichte ihr eine kleine Handvoll Sternenstaub. „Denke an die schönste Geschichte, die du kennst, und streue den Staub in die Luft.“
Mina schloss ihre Augen und dachte an ihre liebste Kindergeschichte zum Einschlafen.
Mina dachte an die Geschichte von einem Kaninchen, das davon träumte, mit den Schmetterlingen zu tanzen. Sie öffnete ihre Hand und blies den Sternenstaub in die Nacht. Zu ihrer Überraschung begannen die Schmetterlinge aus ihrem Traum in den Schlafzimmern der Kinder zu tanzen, und ein Lächeln breitete sich auf ihren Gesichtern aus.
„Du hast ein natürliches Talent, Mina“, sagte Luna, begeistert von Minas einfühlsamer Gabe.
Die Nacht verging, während sie von Haus zu Haus flogen. Schließlich sagte Luna: „Es ist Zeit für dich, zurückzukehren. Die Kinder im Dorf brauchen ihre Träume und du brauchst deinen Schlaf.“
„Aber ich möchte nicht, dass die Nacht endet“, sagte Mina. „Ich möchte helfen und Träume bringen, so wie du.“
Luna lächelte weise. „Jedes Kind ist ein Träumer, Mina. Deine Aufgabe ist es jetzt, deine Träume zu leben und sie mit der Welt zu teilen. Und wer weiß, vielleicht wirst du eines Tages auch eine Mondwächterin.“
Mit diesen Worten brachte Luna Mina zurück zu ihrem Bett. „Erinnere dich immer daran, dass du niemals allein bist. Die Sterne und der Mond sind da, um über dich zu wachen.“
Mina kuschelte sich in ihre Decke und spürte, wie ihre Augen schwer wurden. „Danke, Luna“, flüsterte sie.
„Träume süß, Mina“, sagte Luna und verschwand, genauso leise und sanft wie sie gekommen war.
Und so schlief Mina ein, getröstet von der Gewissheit, dass die Mondwächterin über sie wachte, und träumte von ihren eigenen Abenteuern, die eines Tages wahr werden könnten.